Nach dem Familiendrama in Berlin-Gatow mit vier Toten wird jetzt für das überlebende Kleinkind nach einer sicheren Zukunft gesucht. Der Jugendamtsleiter von Berlin-Spandau, Reinhold Tölke, sagte am Donnerstag, das Amt prüfe, wie die etwa Einjährige weiter untergebracht wird. Derzeit ist das kleine Mädchen in einem Kinderheim. "Dem Mädchen geht es gut, es wird in der Einrichtung rund um die Uhr versorgt." Die Eltern der getöteten Frau hätten signalisiert, das Kind aufnehmen zu wollen.

Der Familienvater (69) hatte zunächst die 28 Jahre alte Mutter und seine beiden kleinen Söhne vermutlich erstickt, dann seine kleine Tochter anonym in einer Babyklappe abgelegt und sich später selbst das Leben genommen. Die Ermittler sprachen von einem erweiterten Suizid. Die Leichen waren am Dienstagabend entdeckt worden.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der 69-Jährige allein für die grausige Tat verantwortlich ist. "Weitere Personen haben keine Rolle gespielt", sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner. Der Mann habe wohl aus wirtschaftlicher Not keinen anderen Ausweg gesehen. In seinem Abschiedsbrief habe er hohe Schulden genannt.

Nach der Obduktion soll laut Staatsanwaltschaft jetzt mit einer toxikologischen Untersuchung geklärt werden, ob der Mann seiner 28 Jahre alten Frau und den beiden Söhnen im Alter von drei und sechs Jahren noch Betäubungsmittel verabreichte, bevor er sie erstickte. Die Untersuchung dauere noch an.

Großeltern kamen bereits am Mittwoch nach Berlin

Laut Jugendamtsleiter Tölke seien die aus Süddeutschland stammenden Großeltern des Mädchens schon am Mittwoch nach Berlin gekommen, um ihre Enkeltochter zu sehen. Ob die Eheleute das Mädchen in Pflege nehmen können, werde geprüft. Es werde auch nach weiteren Verwandten gesucht. Möglich sei ebenfalls, dass das Mädchen in eine Pflegefamilie kommt. "Alle Optionen sind offen", sagte Tölke. Das Mädchen zeige bislang keine Auffälligkeiten.

Der Vater hat auch einen seiner Abschiedsbriefe an die Redaktion der "Bild"-Zeitung geschickt, die Teile daraus am Donnerstag veröffentlichte. Darin schrieb der Mann, er habe in voller Verantwortung und bei klarem Bewusstsein aus "fürsorglicher Liebe" gehandelt.

Der Mann habe vermutlich an einer krankhaften Ich-Bezogenheit (Narzissmus) gelitten, sagt Isabella Heuser, Direktorin der Charité-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Deshalb habe er nahezu gottgleich über das Schicksal seiner Familie bestimmen wollen.

Die Expertin sagte, dass jemand einen Abschiedsbrief an die größte deutsche Boulevardzeitung schickt, spreche für eine hochgradig narzisstische Vorgehensweise. "Dieser Mann wollte bekanntwerden und sich rechtfertigen. Er wollte die Bühne dieses Lebens mit einem großen Knall und einer kalkulierten Inszenierung verlassen."

Quelle: dpa/al