Kopftuchverbot minderjährige Mädchen?

Rechtliche Grenzen eines solchen Verbotes

In Artikel 4 Abs. 2 des deutschen Grundgesetzes heißt es

„Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet“

Zugleich stellt Artikel 6 sicher dass die Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern ist.

Allein aus dieser Perspektive hätten die Eltern welche eine minderjährige Kind, haben das Recht darüber zu bestimmen wie sie Ihre Kinder erziehen und auch welche religiösen Werte sie vermitteln. Bei dieser Vermittlung von religiösen werten werden auch Symbole des Glaubens nach außen.

Diese Symbole vermitteln einerseits Zugehörigkeit zu einer Gruppe oder Religionsgemeinschaft zugleich bedeuten sie aber auch Abgrenzung gesellschaftlicher Zustände in denen man lebt.

Es stellt sich die Frage ob im Islam das Tragen von Kopftüchern von Frauen und Mädchen egal welchen Alters vorgegeben ist.

Im Koran findet sich an drei Stellen, Sure 24 Vers 31 sowie Sure 33 Vers 53,59 lediglich über die Bedeckung des Kopfes und schreibt keine Regelung für muslimische Frauen vor wie sie sich bedecken sollen.

In der Sure 24 Vers 31 welcher inhaltlich mit der Bedeckung sich beschäftigt gehen es vielmehr nicht um die Bedeckung als solches sondern um Sittsamkeit und Schamhaftigkeit sowie um Kokettierens und unnötige sexueller Aufreizung der Männer. In der Sure 33 Vers 53 und 59 findet sich keinerlei konkrete Vorgaben des Koran wie Frau sich zu bedecken haben.

Eine eindeutige Kleiderordnung ergibt sich aus diesen Suren und Versen nicht.

Es ist eine alte Tradition das ein Kopftuch von Frauen und Mädchen getragen wird.

Die oben er wähnten suren werden auch von Wertkonservativen islamischen Schulen dahingehend ausgelegt, dass Frauen und Mädchen ein Kopftuch zu tragen haben.

Dabei berufen sich diese Kreise sowohl auf diese Suri als auch auf Hadith .

Diese Auslegung des Korans erlebt zurzeit eine Renaissance innerhalb der islamischen Gemeinschaft.

Ein säkularer Staat ist an Neutralität so wie Gewährung der Religionsneutralitäit gebunden. Diese Bindung geht nicht soweit wenn Religionsgemeinschaften das individuelle Recht der einzelnen und auch der Schutzbefohlenen durch ihre Ausübung und Auslegung von religiösen Texten dazu führen dass Grundrechte auf Selbstbestimmung, nämlich das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit und das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit beeinträchtigt wird.

Der säkulare Staat der sich Religionsneutral verhalten muss, verliert seine Neutralität soweit individuelle Rechte der einzelnen, insbesondere der Minderjährigen und schutzbefohlenen Personen betroffen sind. Kinder in Kita`s und im Grundschulalter sind nicht religionsmündig.

In Deutschland wird ein Kind erst mit dem 14. Lebensjahr religionsmündig d.h. sich für eine Religion und deren Ausübung zu entscheiden oder aus Konfessionen auszutreten als auch das Recht zu konvertieren.

Grundsätzlich kann der säkulare Staat nicht in die Privatsphäre der einzelnen Eltern eingreifen und sie zu einer bestimmten Erziehungsmethode und Religionsausübung zwingen.

Die staatlichen Institutionen haben in den privaten Bereich wenige Befugnisse in die Erziehung die Religionsvermittlung der Eltern einzugreifen.

Der Eingriff erfüllt dann wenn schutzbefohlenen hier minderjährige Kinder zu einem bestimmten Verhalten gezwungen werden und durch diesen zwang in der Öffentlichkeit entsprechend ihrer religiösen Duktus verhalten müssen und nicht frei entscheiden können.

Soweit die Eltern als auch der Betroffene öffentliche Fürsorge und öffentliche Institutionen beanspruchen kann der säkularer Staat vorgaben für seine Bürger benennen.

Ein solcher säkularer Staat kann in seinen Institutionen als auch in den von ihm finanzierten Einrichtungen verlangen dass die Persönlichkeitsrechte der Einzelnen gewahrt werden und dass sie sich Religionsneutral verhalten.

Alle staatlichen Institutionen und die von staatlicher Unterstützung abhängig sind haben darauf zu achten, dass insbesondere Mädchen, in Schule oder Kita weder von ihren Eltern noch von sonstigen Personen einem Druck hinsichtlich der Verhüllung ihres Kopfes ausgesetzt werden. Eine solche Verhüllungspraxis für minderjährige Frauen, kann wie oben bereits beschrieben worden ist, nicht mit der Vorschrift des Islam begründet werden.

Außerdem ist es wichtig dass die Kinder im Kindesalter nicht sexualisiert werden. Denn jedes Kopftuch, das erkennbarer maßen aufgrund Anschauung getragen wird dass das weibliche Haupthaar verhüllt werden muss, weil von ihm eine sexuelle Reizwirkung ausgehen könnte, markiert logischer Weise umgekehrt auch eine Trägerin als potenzielles Sexualobjekt.

Was das für die Persönlichkeitsentwicklung der einzelnen Betroffenen bedeutet, muss die öffentliche Schule oder Einrichtung des Staates aufgrund ihres allgemeinen Erziehungsauftrages mit berücksichtigen.

Es geht dabei ausschließlich um die Abwägung zwischen dem Erziehungsrecht- Religionsausübung - und um das Kindeswohl. Der säkulare Staat ist verpflichtet die Persönlichkeit der einzelnen zu schützen und zu einem Schutz der Persönlichkeit gehört auch das Wohl des Kindes. Das allgemeine Gesetz, hier das Familienrecht, §1666 BGB schreibt auch das Wohl des Kindes als oberstes Gebot der Erziehung. Wird dieses oberste Gebot in § 1666 BGB beeinträchtigt so haben Jugendämter und auch die Gerichte einzuschreiten.

Soweit ein Kind von seinen Eltern angehalten wird im Kindergarten- und Grundschulalter ein Kopftuch zu tragen wird es zum sexuellen Objekt in seinem Umfeld und grenzt sich von seiner Altersgruppe ab.

Dies führt unweigerlich zur Beeinträchtigung der Persönlichkeit des betroffenen Kindes. Die nicht mit dem Erziehungsrecht und Religionsvermittlung der Eltern gerechtfertigt werden kann.

Rechtsanwalt

Erdem