Die Kommission wirft dem Bundesvorstand vor, seine „institutionelle Rechenschaftspflicht systematisch zu verletzen“ und verweist auf monatelang unbeantwortete Anfragen zu den Erdbebenhilfen 2023 sowie zu den Ausgaben für den Madımak-Dokumentarfilm. Die Vorgänge seien nun auf den Rechtsweg verlagert worden.
In ihrer Mitteilung vom 30. November 2025 erinnert die Disziplinarkommission daran, dass die AABF in Deutschland den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts innehat – ein Status, der dem Vorstand gesetzliche Pflichten zu Transparenz, finanzieller Disziplin und kontrollierbarer Mittelverwendung auferlegt. Die Kommission betont: „Diese Verpflichtungen sind keine Frage des Wollens, sondern gesetzlich bindend.“
Schwere Unregelmäßigkeiten bei Erdbebenhilfen: 2,5 Millionen Euro ohne ausreichende Belege
Nach den Erdbeben in der Türkei am 6. Februar 2023 wurden über die AABF rund 2,5 Millionen Euro an Spenden gesammelt. Laut Disziplinarkommission und unter Berufung auf Prüfberichte des Rechnungsprüfungsausschusses bestehen dabei gravierende Defizite in der Dokumentation:
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keine Verträge, Lieferscheine oder Übergabeprotokolle zu Containerkäufen,
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der beauftragte Lieferant sei branchenfremd und ohne Erfahrung im Containerbau,
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Hinweise auf verwandtschaftliche Verflechtungen bei der Auftragsvergabe,
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keinerlei belegte Transportdokumente,
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massive Diskrepanzen zwischen Bankbewegungen und ausgewiesenen Ausgaben.
Die Kommission wertet das Schweigen des Vorstands als „bewusste Verhinderung von Kontrolle und klare Verletzung gesetzlicher Pflichten“.
Madımak-Dokumentarfilm: 224.000 Euro Differenz ohne Erklärung
Besonders brisant ist der Vorwurf zu den Ausgaben für den geplanten Madımak-Dokumentarfilm. Während in einer Generalversammlung Kosten von 496.000 Euro präsentiert wurden, taucht im offiziellen Prüfbericht lediglich eine Summe von 271.469 Euro auf. Die Differenz von 224.531 Euro sei bis heute nicht nachvollziehbar.
Es existierten zudem keinerlei Unterlagen darüber,
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welche Firmen beauftragt wurden,
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welche Dienstleistungen in Anspruch genommen wurden,
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und an wen Gelder tatsächlich geflossen sind.
Die Kommission kritisiert: „Eine der sensibelsten Erinnerungsfragen der Aleviten darf nicht in einem derart intransparenten und dokumentationsfreien Umfeld verwaltet werden.“
Interne Demokratie ausgehebelt? – Vorwürfe gegen den Bundesvorstand
Laut Erklärung haben 57 Alevitische Kulturzentren die Einberufung einer außerordentlichen Wahl-Generalversammlung gefordert – ohne dass der Vorstand das Anliegen weiterbearbeitet habe.
Auf der Generalversammlung am 18. Oktober 2025 in Frankfurt seien Delegierten systematisch Rederechte entzogen, Prüfberichte nicht zur Diskussion zugelassen und kritische Stimmen mundtot gemacht worden. Besonders für Aufsehen sorgt der zitierte Satz von AABF-Bundesvorsitzendem Hüseyin Mat: „Die Sache ist erledigt, wohin die 57 AKM gehen wollen, sollen sie gehen.“
Die Disziplinarkommission wertet dies als „sichtbares Zeichen der Entfremdung von institutioneller Verantwortung“.
Strafanzeige gestellt – „Nicht gegen die AABF, sondern gegen Verantwortliche“
Weil der Vorstand trotz mehrfacher Aufforderungen weder Unterlagen vorgelegt noch Auskunft erteilt habe, sei der Rechtsweg alternativlos geworden. Die Kommission betont, die Strafanzeige richte sich nicht gegen die AABF als Institution, sondern ausschließlich gegen jene Vorstandsmitglieder, die für mutmaßliche Unregelmäßigkeiten verantwortlich seien:
„Die AABF ist unser Stolz. Sie zu schützen ist unsere Pflicht.“
„Ohne Transparenz keine Legitimation“
Zum Abschluss macht die Disziplinarkommission deutlich:
„Keine Struktur, die sich der Kontrolle entzieht, kann die Aleviten vertreten.
Rechenschaft ist kein Angriff, sondern institutionelle Verantwortung.“
Beobachter gehen davon aus, dass die Erklärung die Spannungen innerhalb der AABF weiter verschärfen wird – und dass die juristischen Auseinandersetzungen erst am Anfang stehen.




