Das verheerende Minenunglück im westtürkischen Soma hat zu einer Welle der Hilfsbereitschaft geführt. Viele Staaten, darunter Griechenland, Deutschland, Frankreich, Polen, Israel, der Iran und die Europäische Union sind bereit, der Türkei in diesen schweren Zeiten unter die Arme zu greifen. Doch das Land bleibt weitestgehend stumm.

Mittlerweile ist die Anzahl der Toten auf 282 angestiegen. Nach wie vor sollen rund 300 Kumpel in der Mine gefangen sein. Die Sorge ist nicht nur beim türkischen Energieminister Taner Yıldız groß, dass die Opferzahlen weiter steigen. Doch das türkische Katastrophenschutzministerium (AFAD) scheint davon überzeugt:Hilfe aus dem Ausland werde nicht gebraucht.

Auch Israel bot der Türkei Unterstützung bei den Such-und Rettungsmaßnahmen an. Das erfuhr die türkische Zeitung Hürriyet aus der israelischen Botschaft in Ankara. Von hier hieß es in Richtung des türkischen Außenministeriums: „Wir bieten jede Unterstützung an, die die Türkei vielleicht brauchen könnte.“ Eine Antwort der türkischen Regierung soll es bisher nicht gegeben haben, so das Blatt weiter. In einer schriftlichen Erklärung der israelischen Botschaft teilt diese zudem mit: „Der Staat und das Volk Israel teilen die Trauer des türkischen Volkes. Den Familien der Verstorbenen sprechen wir unser Beileid aus. Wir wünschen eine baldige Genesungfür die Verwundeten und hoffen auf positive Nachrichten von denen, die immer nochin der Mine sind.“

Ebenfalls bereit zum Einsatz zeigten sich am Mittwoch die USA. „Unsere Gedanken und Gebete sind heute bei den Menschen in der Türkei“, zitiert das Nachrichtenportal Worldbulletin Jay Carney, Sprecher des Weißen Hauses. „Wir sind bereit, die türkische Regierung bei Bedarf zu unterstützen und wir werden auch weiterhin in dieser Zeit der Tragödie an ihrer Seite stehen.“

Der türkische Außenminister bedankte sich inzwischen zumindest bei einzelnen Staaten für ihre Angebote.

Unterdessen geht die Arbeit der türkischen Rettungsteams fieberhaft weiter. Bis zum Mittwochabend konnten sie 363, der insgesamt 787 Minenarbeiter retten. Unter den sicher geborgenen befanden sich bis dahin 80 Verletzte. Unter den Verwundeten sollen sich auch 20 Einsatzkräfte befinden. 19 hätten das Krankenhaus aber mittlerweile wieder verlassen können.

Das Gesundheitsministerium schickte insgesamt 51 Krankenwagen direkt nach der Explosion gen Soma. Auch der stellvertretende Gesundheitsminister Agah Kafkas begab sich sofort an Ort und Stelle. Minister Mehmet Müezzinoğlu traf am Mittwoch mit Premier Recep Tayyip Erdoğan ein.

Der Katastrophenschutz agiert gemeinsam mit dem türkischen roten Halbmond (Kızılay). Letztere sind mit 50 Mitarbeitern im Einsatz. Diese verteilen in fünf aufgestellten Zelten Lebensmittel. AFAD hat insgesamt 599 Mitarbeiter und 203 Fahrzeuge für die Rettungsaktion und psychologische Hilfe für die Familien der Opfer zur Verfügung gestellt. Auch das Gesundheitsministerium schickte fünf Psychologen in die Gegend. An die 100 Psychologen und Sozialarbeiter kommen außerdem vom Familienministerium. In İzmir sind vier Rettungsflugzeuge in Bereitschaft, zwei Hubschrauber seien vor Ort, heißt es in einer Erklärung des Gesundheitsministeriums am Mittwoch. In Soma habe man außerdem einmedizinisches Zentrum eingerichtet, in dem die Geretteten eine medizinische Grundversorgung erhalten würden.

Auch in der Vergangenheit hat die Türkei im Katastrophenfall ablehnend reagiert. So lehnte sie im Oktober 2011 die Hilfe aus mehr als 50 Staaten im Zuge des schweren Erdbebens von Van ab. Bülent Arinc, stellvertretender Ministerpräsident der Türkei, begründete die Entscheidung damit, dass man Chaos in den betroffenen Gebieten vermeiden wollte.

Direkt wieder nach Hause geschickt wurde damals auch ein deutsches Rettungsteam der Hilfsorganisation Disaster Response Team Germany (DTRG). Die Männer waren bereits am Flughafen Berlin-Tegel, als die Absage der türkischen Katastrophenschutz-Behörde (AFAD) kam. Bereits sechs Stunden nach dem Erdbeben befand sich das deutsche Rettungsteam mit voller Ausrüstung am Airport. Infusionen, Ortungsgeräte, Seilausrüstungen – dringend benötigte Gerätschaften für die Verletzten und verschütteten Opfer. Auf Nachfrage der Deutsch Türkischen Nachrichten nahm die AFAD dazu Stellung. „Das ist gut möglich. Das türkische Außenministerium hat keine internationale Hilfsanfrage gestellt. Wir bedanken uns für die Bemühungen.“ Den Versicherungen der türkischen Behörden, die Lage unter Kontrolle zu haben, trauten die deutschen Helfer allerdings nicht. Der Verdacht: Die Beweggründe für Ablehnung der internationalen Hilfe seien politischer Natur gewesen. Die Türkei habe nach außen Stärke beweisen wollen.

Das Erdbeben von Van forderte mehr als 600 Tote und über 4000 Verletzte.