Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan will die Anzahl der Imam Hatip-Schulen erhöhen. Imam Hatip-Schulen sind staatliche Berufsfachgymnasien, die als zusätzliche Komponente die religiöse Erziehung forcieren. Die Anzahl der Imam Hatip-Schüler lag vor der ersten Regierungsperiode der AKP im Jahr 2002 bei 63.000. Bis 2014 ist diese Anzahl auf 983.000 angewachsen. Diese Gymnasien bilden eine Konkurrenz zu den anderen Schulen. Es gibt insgesamt 2074 Imam Hatip-Schulen.

Erdoğan möchte mit dem Ausbau der Imam Hatip-Schulen eine Jugend heranwachsen sehen, die dem Westen kritisch unter die Lupe nimmt. Das ist zumindest sein Anspruch. „Wir werden attackiert, weil wir Fragen stellen, die in den vergangenen 200 Jahren verboten waren“, zitiert die Financial Times den türkischen Präsidenten. So behauptete er Mitte November, dass muslimische Seefahrer Amerika bereits 300 Jahre vor Kolumbus hätten. Der religiöse Diskurs in der Türkei und in der Welt sei unterbunden worden. Muslime seien systematisch verhöhnt und verachtet worden.

Vor zwei Jahren sagte Erdoğan, dass nicht-religiöse Jugendliche eher dazu neigen, drogenabhängig zu werden. Zudem bilden Fortschritt und Religion keine Gegensätze, zitiert ihn ntvmsnbc.

Zudem will die türkische Regierung Osmanisch als sprachliches Pflichtfach in den Schulen einführen. Doch der türkische Historiker Ilber Ortaylı sieht die gesamte Agenda zum Scheitern verurteilt. Es gebe starke Gegengewichte zum Lager, das sich „islamisch“ nennt. Die bildungspolitischen Bestrebungen der Regierung werden nur dazu führen, die Polarisierung im Land voranzutreiben, schreibt er in der Milliyet.
Es sei auch falsch zu glauben, dass eine neo-osmanische Agenda vorangetrieben werde.

Der Anspruch des religiösen Lagers habe keine osmanischen Züge, zitiert T24Ortaylı. Die osmanische Vergangenheit werde als Deckmantel benutzt, um zum islamischen „Zeitalter der Glückseligkeit“ zurückzukehren.