Die seit 1993 unveränderten Hilfssätze von rund 240 Euro monatlich für Erwachsene hob das Gericht in Form einer Übergangsregelung auf 336 Euro an. Die Regelung gilt, bis eine Reform des Asylbewerberleistungsgesetzes in Kraft ist. Die Verfassungshüter verpflichteten den Gesetzgeber dazu, diese Neufassung "unverzüglich" in Angriff zu nehmen. Sie muss sich an den Regelsätzen für Sozialhilfeempfänger und Hartz-IV-Leistungen in Höhe von derzeit 374 Euro monatlich orientieren.

Die Karlsruher Richter begründeten ihr Urteil damit, dass das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum nicht nur Deutschen, sondern "gleichermaßen" auch allen Ausländern zustehe, die sich in der Bundesrepublik aufhalten. Dieses Grundrecht umfasse neben der "physischen Existenz des Menschen" auch die "Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen" und ein "Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben".

Nach der Übergangsregelung erhalten die insgesamt 130.000 Betroffenen einschließlich Geduldeter rund 30 Prozent höhere Leistungen. Von den nun 336 Euro monatlich müssen 130 Euro "für die persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens" bar ausbezahlt werden, entschied das Gericht. Bislang lag dieses sogenannte Taschengeld bei 40 Euro. Für Kinder wurde der Barbetrag von 20 auf 70 Euro monatlich angehoben, er dient etwa zur Deckung von Fahrtkosten zur Schule.

Die Richter billigten allerdings, dass Hilfen weiterhin auch in Form von Sachleistungen wie Lebensmittelpaketen gewährt werden können. Eine Absenkung der Leistungen aus "migrationspolitischen" Gründen sei dagegen unzulässig. Sie wiesen damit die Auffassung der Bundesregierung zurück, die Hilfsätze sollten möglichst niedrig sein, weil ansonsten Flüchtlinge nach Deutschland gelockt würden.

Die Bundesregierung wird nach Angaben des Sozialministeriums nun "unverzüglich eine realitätsgerechte Neuregelung" erarbeiten. Dabei werde auch der Anspruch auf Bildung und Teilhabe für Kinder und Jugendliche umgesetzt.

Der Deutsche Landkreistag bezifferte die Mehrkosten der Leistungen für Asylbewerber auf bis zu 130 Millionen Euro im Jahr. Landkreistagspräsident Hans Jörg Duppré forderte, dass deshalb "Asylverfahren weiter beschleunigt werden" müssten. CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl plädierte im Sender N24 dafür, dass künftig "vorzeitiger ausgewiesen oder zur Not auch abgeschoben wird".

Oppositionspolitiker im Bundestag sowie Nichtregierungsorganisationen begrüßten dagegen das Urteil. SPD-Vizefraktionschefin Christine Lambrecht forderte ein Ende des Sachleistungsprinzips etwa mit Lebensmittelpaketen. Dies sei für Kommunen teurer und schikaniere die Betroffenen. Ähnlich äußerten sich Pro Asyl, die Diakonie und der Paritätische Gesamtverband.