Das öffentliche Interesse am NSU-Prozess ist mittlerweile sehr gering. NSU-Opferanwalt Mehmet Daimagüler ist enttäuscht. Er hätte sich mehr Interesse seitens der Bevölkerung gewünscht.

Doch die Mehrheit der Bevölkerung interessiert mehr der Wetterbericht, als der NSU-Prozess, berichtet die Schwäbische Zeitung
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Nach jedem fremdenfeindlichen Vorfall sei die Empörung zunächst sehr groß. Im Anschluss flache das Thema ab. Gravierender sei der grundsätzliche Umgang mit den NSU-Morden gewesen.

„Die viel beklagte Einseitigkeit im Denken der NSU-Ermittler, die Überzeugung, dass nur Ausländer die Schuldigen sein können, die gibt es aber nicht nur bei der Polizei oder dem Verfassungsschutz. Die ist Alltag in Deutschland.“

Für die Nebenklägeranwälte im NSU-Prozess Angelika Lex, Sebastian Scharmer, Carsten Ilius und auch Mehmet Daimagüler steht fest, dass es in Deutschland „institutionellen Rassismus“ gebe. Der werde jedoch ausgeblendet .

NSU-Ausschussvorsitzender Sebastian Edathy sieht in dem Behördenversagen bei den Ermittlungen zu den NSU-Morden ein „historisch beispielloses Desaster“, welches nicht ohne Folgen bleiben soll.

Schwäbische Zeitung: Kommentar zum NSU-Prozess 

- Nicht nur auf die Polizei schauen



Ravensburg (ots) - Opferanwalt Mehmet Daimagüler ist enttäuscht. Bei der Themenliste, was die Deutschen so beschäftige, stehe das Wetter ganz oben, auch über die NSA redeten noch viele, aber das Thema NSU tauche nicht auf. Er hat recht.

Das beispiellose Versagen der Sicherheitsbehörden bei zehn Morden quer durch die Republik interessiert nicht wirklich viele. Die Empörung folgt immer dem gleichen Muster. Geschieht irgendwo eine schwere fremdenfeindliche Straftat, ist das Entsetzen groß, vor allem, wenn noch Kinder betroffen sind. Es gibt Lichterketten, Diskussionen und vielleicht sogar einen Aufstand der Anständigen. Dann aber ruht das Thema wieder.

Die viel beklagte Einseitigkeit im Denken der NSU-Ermittler, die Überzeugung, dass nur Ausländer die Schuldigen sein können, die gibt es aber nicht nur bei der Polizei oder dem Verfassungsschutz. Die ist Alltag in Deutschland. Offen bleiben für Neues, die Frage nach dem Woher und Wohin, und das Reden nicht nur über, sondern mit Ausländern, das ist die wahre Lehre des NSU-Ausschusses. Die Reformen bei Polizei und Verfassungsschutz sind da fast Nebensache.