Türkische Internetanbieter manipulieren offenbar den öffentlichen Domain-Name-System-Dienst (DNS), um den Usern im Land den Zugang zu Google zu erschweren. Davon will der US-Konzern nun Kenntnis erhalten haben. Fachleute befürchten, dass dieses Verhalten langfristige Schäden für die türkische Wirtschaft nach sich ziehen könnte.


Google-Ingenieur Steven Carstensen machte am Wochenende in einem Blogeintrag auf
 die jüngsten Vorgänge aufmerksam. Er schreibt:

„Wir haben mehrere glaubwürdige Berichte erhalten und durch unsere eigenen Untersuchungen bestätigt, dass Googles Domain Name System (DNS )-Dienst von den meisten türkischen ISPs (Internet Service Provider) abgefangen wurde.“

Der Dienst übersetzt Domainnamen in numerische Internet-Adressen. Das geschieht Carstensen zufolge „auf die gleiche Weise wie das Suchen einer Telefonnummer in einem Telefonbuch“. Doch die türkischen Internet-Provider fangen diese Anfragen an Googles DNS-Server nun ab, um sie stattdessen an eigene Server weiterzuleiten.  „Stellen Sie sich vor, jemand hätte Ihr Telefonbuch gegen ein anderes getauscht, das fast genauso aussieht, außer dass die Einträge für einige Personen falsche Telefonnummern enthalten“, so der Fachmann weiter. Das sei genau das, was passiert sei: Türkische ISPs hätten Server eingerichtet, die sich als Googles DNS-Dienst ausgeben würden.

Die türkischen Anbieter reagiern offenbar nicht ohne Grund. Nachdem Twitter am 21. März blockiert wurde, wichen nicht wenige User auf Googles DNS-IP-Adressen 8.8.8.8 und 8.8.4.4 bzw. Level 3 mit 4.2.2.1 und 4.2.2.2 aus. Bilder mit den gesprühten Nummern an einer Hauswand gingen um die Welt.

Die Internet-Monitoring-Firma Renesys bestätigte unterdessen den Google-Bericht, so pcmag.com. Demnach seien Level 3 DNS-Server ebenfalls betroffen. Das Unternehmen bezeichnete das Vorgehen in der Türkei als „ominös“. Würden die User nun einen Google-DNS-Server für eine YouTube-Adresse anfragen, erhielten sie die IP-Adresse einer Webseite er türkischen Regierung (195.175.254.2), die das Verbot erkläre.

Renesys befürchtet nun langfristige Schäden. Doch diese könnten sich erst in den nächsten Jahren bemerkbar machen, wenn Unternehmen weniger in der Türkei investieren würden, weil es für sie zu viel Unsicherheit hinsichtlich des freien Flusses von Informationen gebe. Ein Ende der Fahnenstange scheint für die Fachleute noch nicht erreicht. Sie fragen, ob es bald auch Verbote für Google Mail oder Dropbox geben könnte.