Deutschland ist de facto ein Einwanderungsland.  EinwandererInnen bleiben nicht vorübergehend hier, sondern dauerhaft. Daher sind in Deutschland auf ihre Bedürfnisse und Lebensweisen gerichtete Gesetze und Lebenskonzepte mehr denn je notwendig geworden.

Zuwanderung gibt es kontinuierlich seit mehr als 60 Jahren. Aufgrund der demographischen Entwicklung der deutschen Gesellschaft wird die Einwanderung auch fortdauern. Die EinwandererInnen sind nicht mehr nur zum Arbeiten und anschließender Rückkehr hier. Sie werden hier nunmehr alt, krank und/oder pflegebedürftig. Die Zahl von Pflegebedürftigen wird stetig steigen, weil die Gesellschaft, auch unter den EinwandererInnen immer älter wird. Gleichzeitig sinkt die Zahl jungen EinwandererInnen, die sich um die Pflege ihrer Angehörigen kümmern können.

Mit einer Zunahme des Pflegebedarfs ist daher bereits in der gegenwärtigen Dekade zu rechnen, wenn verstärkt mehr Arbeitsmigranten der ersten und zweiten Generation 60, 70 Jahre und älter werden. Gleichzeitig schrumpft die Zahl der Erwerbspersonen, so dass sich die Frage nach einer adäquaten Versorgung von Pflegebedürftigen stellt. Denn, auch unter den jungen EinwandererInnen ist eine steigende Kinderlosigkeit oder eine Familienplanung mit wenigen Kindern gegeben. Das führt dazu, dass immer weniger Menschen die Unterstützung von Familienangehörigen in Anspruch nehmen können und damit auf professionelle Pflegedienste angewiesen sind.

Bereits heute  zeichnet sich aber ein Mangel an Pflegefachkräften für alle Gesellschaftsschichten ab. Die demografische Entwicklung verstärkt diesen Mangel stetig. 

In Alten- oder Pflegeheimen sind auch auf die Bedürfnisse der älteren, kranken oder pflegebedürftigen EinwandererInnen gerichtete Pflege-, Betreuungs- und Wohnkonzepte nötig.

Die Regierung sollte den Mangel an Pflegefachkräften in erster Linie nicht durch neue Pflegefachkräfte aus dem Ausland zu beheben versuchen. Eine Lösung könnte darin liegen, dass die vielen arbeitslosen und seit Jahren in Deutschland geduldeten EinwandererInnen zu

Pflegefachkräften ausgebildet und auf dem Arbeitsmarkt der Gesundheit und Pflege eingesetzt werden.

Eine weitere Problematik liegt darin, dass die Inanspruchnahme von professionellen Pflegediensten für EinwanderInnen wie für Einheimische mit hohen Kosten verbunden ist. Daher greifen immer mehr Haushalte, die sich um Pflegebedürftige kümmern müssen, auf die Hilfe von neuen EinwandererInnen zurück. Das führt sehr häufig zu irregulären Beschäftigungsverhältnissen bzw. zu Beschäftigungsverhältnissen in Grauzonen. Die meisten solcher eingewanderten Pflegekräfte stammen derzeit aus Osteuropa.

Die hier in Deutschland lebenden arbeitslosen EinwandererInnen aber bleiben auf der einen Seite ohne Ausbildung oder ohne Arbeit. Auf der anderen Seite aber benötigen pflege- oder betreuungsbedürftige ältere oder kranke EinwandererInnen dringend Pflegefachkräfte aus ihrem Kulturkreis bzw. Migrationshintergrund. 

Neue Lösungsansätze können in kultursensiblen Pflege- und Betreuungsprozessen und sog. Interkultureller Öffnung liegen, um den verschiedenen individuellen Ansprüchen der pflege- und betreuungsbedürftigen EinwandererInnen Rechnung zu tragen.

Das Kurzdossier beleuchtet genau diese und andere Facetten des Themenkomplexes "EinwanderInnen und Pflege".

Auch daraus ist die Dringlichkeit der Frage der Einwanderung, Pflege und pflegende Angehörige ersichtlich, so dass ein eiliger Handlungsbedarf gegeben ist.